Gefährdung von Hunden und Katzen durch RATTENGIFT

Bei der Rattenbekämpfung werden als Gift Cumarinverbindungen verwendet, die schmackhaft aufbereitet, von den Nagetieren gefressen werden und in der Hauptwirkung eine Blutgerinnungsstörung hervorrufen. Die Wirkung setzt erst nach einigen Tagen ein und hält je nach verwendeter Substanz bis zu 6 Wochen an. Die Ratten versterben durch Verbluten. Auch Hunde und Katzen können durch einen fahrlässigen Umgang mit diesen gerinnungshemmenden Giften gefährdet werden. Wie bei den Schadnagern tritt auch bei unseren Haustieren eine Gerinnungsstörung auf, die zu einem Verbluten führen kann. Die Gefährdung unserer Haustiere erfolgt durch unsachgemäßes Auslegen oder Lagern von Rattengift oder durch das Verschleppen der Giftstoffe durch die Nagetiere selbst. Auch das Fressen von mit Rattengift geschwächten oder toten Nagern kann bei Hund und Katze zu Vergiftungserscheinungen führen. Es existieren im Handel verschiedene Generationen von cumarinhaltigen Rattengiften mit unterschiedlicher Toxizität. Ältere Wirkstoffe erzeugen erst nach wiederholter Aufnahme deutliche Vergiftungssymptome. Moderne Cumarinverbindungen sind bereits in sehr geringer Dosis für Nagetiere tödlich und verursachen daher auch schwere Vergiftungen nach versehentlicher Aufnahme bei Hund und Katze. Sie werden sehr langsam im Körper abgebaut und rufen erst nach 5 – 10 Tagen ab Einnahme Blutungen hervor. Cumarine stören in der Leber die Bildung von Gerinnungsfaktoren, indem sie die Wirkung von Vitamin K blockieren, und somit einen Vitamin K- Mangel bewirken. Gleichzeitig schädigen Cumarine die kleinen Gefäße im Organismus und machen sie für das Blut durchlässig. So entstehen Blutungen in verschiedenen Organen.

Die klinischen Symptome einer Vergiftung mit Rattengift können sehr unspezifisch sein. Sie hängen stark von der aufgenommenen Dosis sowie davon ab, wo die Blutungen auftreten. Hauptsächlich besteht nach der Aufnahme von Cumarinderivaten eine starke Blutungsneigung, die sich durch Nasenbluten, Zahnfleischbluten, blutigen Auswurf beim Husten sowie durch Blut in Urin oder Kot äußern kann. Die weiteren Symptome hängen davon ab, in welchen Organen die Blutungen stattfinden. Lungenblutungen oder Blutungen in den Pleuraspalt führen zu einer mangelhaften Belüftung der Lunge und dadurch zu Atemnot. Auch Lahmheiten können auftreten, wenn es zu Einblutungen in Gelenke kommt. Außerdem entstehen vermehrt Blutergüsse unter der Haut. Wenn sehr große Mengen oder wiederholt Rattengift gefressen wurde, können die Blutungen so stark sein, dass plötzlich Schocksymptome auftreten und das Tier stirbt.

Die Diagnose der Rattengiftvergiftung ist nicht immer einfach. Idealerweise hat der Hundebesitzer einen konkreten Verdacht und die Aufnahme des Giftes liegt erst wenige Stunden zurück. In dieser frühen Phase unmittelbar nach der Aufnahme des Giftes zeigt der Hund noch keine Symptome. Das Gift kann jedoch im Magen- oder Darminhalt nachgewiesen und eine Behandlung eingeleitet werden.

Weitaus häufiger frisst der Hund das Gift jedoch unbemerkt und wird mit bereits bestehenden Symptomen in der Praxis vorgestellt. Zu diesem Zeitpunkt ist das Gift praktisch nicht mehr nachweisbar, wodurch die Diagnose der Vergiftung sehr schwer ist. In diesem Fall sind der Vorbericht (besteht grundsätzlich die Möglichkeit, dass der Hund Gift oder einen vergifteten Tierkadaver gefressen hat?) und die klinischen Symptome von großer Bedeutung. Zusätzlich können Röntgenbilder angefertigt oder Ultraschalluntersuchungen durchgeführt werden, um Blutansammlungen in einzelnen Organen sichtbar zu machen. Bei dem Verdacht auf eine erhöhte Blutungsneigung/ Gerinnungsstörung wird der Tierarzt zeitnah eine Blutuntersuchung mit der Bestimmung des Gerinnungsstatus einleiten. Da das Ergebnis dieser Untersuchung häufig nicht unmittelbar zur Verfügung steht, wird die Behandlung der möglichen Rattengiftvergiftung sofort!! begonnen.
Die einzelnen Maßnahmen der Behandlung richten sich danach, wann und welchen Symptomen der Hund in der tierärztlichen Praxis vorgestellt wird.

Wurde das Gift erst vor wenigen Stunden aufgenommen, muss verhindert werden, dass das Gift in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Der Hund wird zum Erbrechen gebracht und/oder Aktivkohle eingegeben, die das Gift im Magen und Darm binden kann. Auch Abführmittel können gegeben werden. Diese Behandlungsmaßnahmen sind jedoch nicht mehr nötig, wenn der Hund bereits eine erhöhte Blutungsneigung zeigt, da dann das Gift schon in den Blutkreislauf aufgenommen wurde. In diesem Stadium der Erkrankung kann die Gabe von Vitamin K die Gerinnungsstörung beseitigen und das Verbluten des Tieres verhindern.
Ist bereits ein hoher Blutverlust eingetreten, ist eine Blutübertragung von einem Blutspendertier unumgänglich und lebensrettend.
Um einen schnellen Wirkungseintritt zu erzielen, wird Vitamin K zu Beginn der Therapie meist intravenös, also direkt ins Blut verabreicht. Danach kann auf eine Tabletten-Gabe 2x täglich umgestellt werden. Diese Tabletten sollten immer gleichzeitig mit dem Futter gegeben werden. Da Vitamin K im Darm besser bei fettreicher Nahrung aufgenommen wird, sollte die Fütterung in dieser Zeit durch die zusätzliche Gaben von Ölen oder Fetten ergänzt werden.
Der Behandlungserfolg wird durch die regelmäßig Kontrolle des Gerinnungsstatus des Blutes überprüft. Spätestens 36 Stunden nach Therapiebeginn mit Vitamin K sollten sich die Werte für die Gerinnung wieder im Normalbereich befinden. Das Eingeben von Vitamin K muss – je nach aufgenommenem Gift – über einen Zeitraum von mindestens zwei oder sogar bis zu sechs Wochen erfolgen. Das liegt daran, dass einige Cumarinderivate bis zu einen Monat lang im Körper wirken. Einige Tage nach Absetzen des Vitamins muss der Gerinnungsstatus unbedingt durch eine erneute Blutuntersuchung überprüft werden. Bei schlechten Gerinnungswerten sollte die Vitamin-K-Gabe gegebenenfalls verlängert werden.